Jan-Peter E.R. Sonntag
sub sonus
29. September 2005 - 06. Oktober 2005
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sub sonus

Ausgangspunkt der Installation Spatium capanarum ist der Raum, seine Architektur und der Kontext des Ortes. In den Glockenturm der Pariochalkirche wird ein Feld aus drei subfrequenten Sinuswellen gesetzt. Die zentrale Frequenz ergibt sich aus der architektonischen Form und der Resonanz des Raumes. Eine zweite Welle wird verstimmt gegen die erste, eine dritte variiert, modelliert von der Wärmestrahlung der Besucher. So entsteht eine amorphe Architektur aus Wellentälern und Bergen, verschiedenen Dichten schwingender Luft, die der Besucher durchwandern kann. Seine eigene Präsenz beeinflußt dabei die extrem langsamen Interferenzwellen, die den Raum durchlaufen. Erleuchtet wird der Raum von langen Argongasröhren, die schwach in Blau schwingen. Für diese Arbeit rekonstruierte Jan-Peter E.R. Sonntag ein Instrumentarium, dass er in den Jahren 1990/91 entwickelt hat und nun technisch um Wärmemikrophone als
Interfaces und digitale Steuertechnik erweiterte. Damals ging es ihm vor allem darum, mittels Schall einen erfahrbaren, plastischen nichteuklidischen Raum zu schaffen. Musikalisch war Sonntag an dem starken Reduktionismus auf den Raum als Makrostruktur interessiert, der dann mikrotonal zu einem Schwebungsfeld interferiert wird und ortsabhängig rhythmische Bewegung erzeugt, gleich einer räumlichen Mikropolyphonie. In „Spatium Campanarum“ wird nun erstmalig das Feld über die Wärmestrahlung, die von den Besuchern im Feld ausgeht, mikrotonal modeliert, so dass das Feld aktiv auf die Präsenz der Besucher reagiert.
Gesuego ist eine Raum-Klangkomposition für fünf medial reproduzierte Vokalstimmen, die Gesualdos Motette „moro lasso“ zum Ausgangspunkt nimmt. In seiner Beschäftigung mit Wahrnehmung und neuronalen Netzstrukturen ist für Jan-Peter E.R. Sonntag die Polyphonie als historisches Kompositions-paradigma interessant geworden. „Gesuego“ ist der Versuch einer Annäherung an Gesulados Werk aus multiperspektivischer Sicht. Raum und Körper stehen im Mittelpunkt der Installation. Bänder von fünf gesungenen Stimmen verwinden sich in einer permanenten Raumbewegung. Die virtuellen Sänger sind lediglich an musikalischen Zäsuren zu verorten, sie entziehen sich jedoch jeder Fixierung im polyphonen Gewebe. Diese scheinbare „Auflösung“ der Komposition ist räumlich als selbstverständliches Element zu erleben. Die Kompostion wird körperlich erfahrbar.