Gordon Monahan
spontaneously harmonious in certain kinds of weather
09. August 1996 - 08. September 1996
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Spontaneously Harmonious in Certain Kinds of Weather

1984 baute ich die erste lange Aeolsharfe mit Unterstützung meines Freundes Thaddeus Holowina. Wir waren beide erstaunt, als wir die erste Saite aufzogen, das Spannschloß strafften und etwa das hörten, was im Soundtrack eines Science-fiction-Filmes aus den 50er Jahren zur Ankunft einer fliegenden Untertasse hätte gespielt werden können. Diese Musik klang sehr elektronisch, aber sie wurde total unelektronisch auf natürliche Weise und in der Natur erzeugt.

Ich habe mehrere Versionen langer Aeolsharfen gebaut, wobei ich Klaviersaiten mit bis zu 40 Metern Länge und meist alte Klaviere als akustische Klangverstärker benutzte. Die dramatischste Version befand sich 1988 auf dem Gipfel von Gibbet´s Hill in St. John´s, Neufundland, wo wir das Klavier mit einem Hubschrauber auf den Berggipfel transportierten. Wir spannten mehrere 40 Meter lange Klaviersaiten über die Kante der Klippe und befestigten sie an den darunterliegenden Felsen. Bei der offiziellen Eröffnung standen eine Menge Leute neben dem Klavier und warteten darauf, daß etwas passierte, aber es gab keinen Wind, nicht die leichteste Brise, und das Klavier blieb still.

Ich habe auch eine Reihe von Wasser-Versionen gebaut, die ich Aquaeolsharfen nenne. Eine in der Form eines Wasserwirbels hatte ich in der Hall of Science in New York aufgestellt. Das Instrument demonstrierte, daß Wind-Musik in Wasser-Musik "transponiert" werden kann. Mein nächster Schritt in dieser Serie war eine Installation, bei der lange Saiten in der Wupper im Zentrum Wuppertals verliefen. Das Phänomen funktionierte zwar gut und produzierte "aquaeolische" Klänge, aber ich hatte übersehen, daß sich im Fluß schwimmender Müll (meist Blätter und Plastiktüten) an den Saiten festhaken und die Saitenvibrationen völlig zum Stillstand bringen konnte. So betrachteten die meisten Leute das Stück als eine nette Idee, die allerdings danebengegangen ist; aber wenn ich genau darüber nachdenke, halte ich diese Installation wie auch andere "Versager" als integrale Bestandteile der "experimentellen Musik". "Experiment" ist die eine Hälfte der "experimentellen Musik". Ein Stück muß nicht Klang erzeugen, um erfolgreich zu sein; Ideen über Klänge und Experimente mit Klang sind das, was am Ende zählt. Wenn man mit einem nicht vorhersehbaren Phänomen arbeitet, können experimentelle Situationen manchmal in unerwartet schöne Klänge münden.

Ungefähr vor zehn Jahren las ich den Bericht des britischen Wissenschaftlers Lord Rayleigh, der im 19. Jahrhundert mit Saiten vor einem offenen Kamin experimentierte. Er konnte den Luftdruck regulieren, indem er die Flamme schürte und die Tür des Raumes öffnete oder schloß; daraus resultierten verschiedene tonale Bewegungen der vibrierenden Saiten. Ich beschloß damals, daß ich eine Harfe entwerfen wollte, die innerhalb eines Hauses funktioniert. Auf diese Weise sollten aeolische Töne nach Wunsch produziert werden, ohne daß man auf Wind zu warten hätte oder auf ein Nachlassen des Regens. 1991 baute ich einen Prototyp aus Holz und Trockenwänden im Exploratorium in San Francisco. Die Installation in der Parochialkirche in Berlin führt dieses Experiment 1996 weiter, und ich kann nur beten, daß sich die Drähte so verhalten, wie ich es mir erhoffe: "spontan harmonisch bei bestimmten Wetterlagen".